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Kunst und Ego

Kurz nach dem Erscheinen meines Debütromans kam eine seltsame Leere über mich. Eine Art von Gleichgültigkeit, die man fast mit einer Depression gleichstellen könnte. Das mag seltsam klingen – doch ich erinnere mich genau.

Ich hatte über zwei Jahre an Blassrosa gearbeitet, wie meine Verleger es gerne ausdrücken – mein ganzes Herzblut hinein gesteckt, auf eine Veröffentlichung gehofft – geheult, mich gefreut – dann war es tatsächlich passiert und ich hielt dieses wunderschöne, strahlende, neue Buch in meinen Händen. Ich war von einem großen Stolz erfüllt, hielt meine allererste große Lesung, in der es nur um mein Buch ging – so gut wie jeder der Lesungsbesucher ging mit seiner Ausgabe nachhause, eine Magie hatte mich umgeben – ich hatte eines dieser besonderen Ziele erreicht.

Doch dann war plötzlich alles wie zuvor. Im Nachhinein ist das natürlich logisch – was hätte denn passieren sollen? Was hätte plötzlich anders sein sollen? Ich hatte nicht auf einen Bestseller oder ähnliches gehofft, was hatte ich also erwartet?

Trotzdem behielt ich diesen seltsamen Hintergedanken, dass die "Geburt" von Blassrosa eine Veränderung mit sich bringen hätte sollen. Ich hatte ein bisschen Angst vor den ersten Rezensionen. Als diese mehr als positiv ausfielen, war ich überglücklich, gleichzeitig erleichtert, wieder stolz. Als später weniger positive eintrafen, lernte ich mich emotional davon abzugrenzen, Kritik anzunehmen und mich darüber zu freuen, dass auch diese Leser sich die Zeit genommen hatten, um mir eine Rückmeldung zu geben.

Mit dem Vergehen der Zeit gewöhnte ich mich wieder an mein gewöhnliches Leben, lernte meinen Alltag wieder zu schätzen.

Ich schrieb weiter an anderen Werken, vor allem meinem neuen Krimi.

Eines Tages, vor nicht allzu langer Zeit, versuchte mir mein Chef Gott näher zu bringen. Ich erklärte ihm, dass ich es nicht wichtig fände (wie ich auch heute noch denke), ob dieser nun existiere oder nicht. Ich finde es wichtiger, dass wir versuchen aus freiem Willen gute Menschen zu sein und die Probleme, die die Menschheit geschaffen hat, zu lösen. Das tun zu wollen, weil man Angst vor der Strafe einer höheren Macht hat, ist in meinen Augen äußerst oberflächlich und eher egoistisch als gutherzig. Er meinte nur Gott könnte uns Menschen glücklich machen und ich entgegnete "Mich macht die Kunst glücklich. Wenn ich schreibe, bin ich glücklich." Er behauptete die Kunst würde uns zu egozentrischen Sklaven machen – hätten wir ein Werk vollendet, müssten wir ein neues beginnen – zur Befriedigung unseres Egos. Natürlich sprach ich mich dagegen aus – eine Frage blieb für mich jedoch stehen: Wie viel Ego ist in meiner Kunst?

Vielleicht ist das genauso unwichtig wie die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes.

Vor kurzem kam ich aber wieder auf dieses Thema – diesmal im Gespräch mit meiner Freundin Kerstin. Die Kunst und das Ego.

Wir stellten fest, dass Kunst allein für die Botschaft geschaffen werden sollte. Für ihre Botschaft und Menschen, die sie berührt, denen sie auf irgendeine Art und Weise weiterhilft. Das sollte nichts mit einem Egotrip zu tun haben, mit der reinen Selbstverwirklichung des Künstler – der Künstler sollte nicht im Mittelpunkt stehen, sondern das Werk. Der Künstler sollte das Werk einfach sein lassen und Abstand davon nehmen, ob es gefällt oder nicht. Das Werk selbst kann das.


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