top of page

Buch, seine Geschichten und ich

Es herrschte schon immer eine starke Anziehung zwischen Buch und mir. Eine Art unbegreifliche Magie zwischen den Geschichten und meiner Wenigkeit. Katharina, der kleine Trotzkopf, konnte die Geschichten der anderen so wenig leiden wie ihren eigenen Vornamen, damals im Kindergarten. So spielte ich lieber alleine in einer Ecke. Völlig asozial war ich nun auch wieder nicht – es gab da schon einen kleinen, streng ausgewählten Freundeskreis, dessen Ideen ich manchmal gar nicht so schlecht fand.

Sobald ich das Schreiben erlernt hatte, schrieb ich. Damals liebten wir Mädchen Pferde über alles. (jedem Trend konnte ich nun auch nicht widerstehen) Es gab da diese Comichefte mit der jungen, blonden Frau auf dem Reiterhof, wenn ich mich nicht irre in Schleswig-Hohlstein. Natürlich hatte ich keine Ahnung, wo das liegt (wenn ich ehrlich bin, weiß ich es immer noch nicht so genau) – das hinderte mich allerdings nicht daran, besagten Comic zu imitieren. In meiner Fassung spielte niemand anders als ich selbst, Kathi (denn wie gesagt – Katharina, das war ein ganz schrecklicher Vorname) die Hauptrolle. Ich selbst, als 20jährige Besitzerin eines Reiterhofs, auf dem ich alle erdenklichen Abenteuer erlebte. In Wahrheit besaß ich später mit 20 gerade einmal ein paar stinkende Sneakers (nicht nur ein Paar, zumindeste einige Paare, denn Sneakers mochte ich), wohnte in einer versifften Mietwohnung und jonglierte zwischen Studium und schlecht bezahltem Tanzlehrerjob. Falls ich das Studium zu diesem Zeitpunkt nicht vielleicht schon aufgegeben hatte – aber zu der Geschichte kommen wir erst später....

Mit den verschiedensten Geschichten tastete sich Buch immer wieder unauffällig an mich heran. Wie etwa in Form der Knickerbockerbande – unserer jugendlicher Helden, damals noch um einiges älter als ich selbst, womit sie an Coolness gewannen. Meine beste Freundin und ich erfanden sogar Quizzes über deren Eigenschaften und Hobbies, um unser Wissen über sie auf die Probe zu stellen.

Etwa zur selben Zeit brachte mir meine Lehrerin im Deutschunterricht Sagen näher. Vielleicht war das auch etwas vorher – manchmal vermischen sich die Geschichten in meinem Kopf zu einem bunten Farbtopf. Was ich jedoch weiß ist, dass klein Katharina selbst Sagen erfand, die sie vor den meisten Menschen geheim hielt. Denn eigentlich war klein Katharina ein sehr schüchternes Kind, das den hochroten Kopf zu Boden senkte, wenn ihre Eltern sie dazu aufforderten deren Freunde zu grüßen. Manchmal versteckte sie sich auch stundenlang unter dem Küchentisch, um diesem Schockerlebnis fern zu bleiben. Doch zurück zu meinen Sagen; eine legendäre - die ich leider, wie all die anderen, verloren habe - hatte folgendes Ende: Jemand stürzte vom Eiffelturm (man bemerke schon in frühen Jahren den Bezug zu Paris, in diesem Fall bestimmt aus reinem Zufall) – ob ein Schurke oder Nicht-Schurke weiß ich nun auch nicht mehr. Als hätte das nicht gereicht, ließ ich den guten Mann doch tatsächlich auf einen Nagel fallen, was ihm endgültig das Leben kostete. Nur um sicher zu gehen.

Mit dem Vergehen der Zeit ließ ich Buch und seine Geschichten immer öfter links liegen – noch schlimmer, manchmal schämte ich mich sogar dafür. Meine Deutschlehrerin Brigitte (übrigens eine brilliante Lehrerin, was ich als Kind leider noch nicht verstehen konnte) las voller Freude meine Aufsätze vor der gesamten Klasse vor, was mich einfach nur störte. Als sie das eines Tages wieder tat, drehte ich, um vor den anderen Schülern meine Coolness wieder zu erlangen (die sich, wenn Aufsätze vorgelesen werden, logischerweise in Luft auflöst) meine Augen gen Himmel. Das sollte die aufmerksame Brigitte natürlich nicht sehen – doch wie gesagt war Brigitte aufmerksam (und ist es gewiss immer noch) und so bemerkte sie es sofort. Noch peinlicher als ein vorgelesener Deutschaufsatz konnte nur die Frage der Lehrerin sein, ob ich es peinlich fände, wenn sie den Aufsatz vorläse. So sah ich mich dazu gezwungen mit hochrotem Kopf abzustreiten die Augen jemals überdreht zu haben. Der hochrote Kopf, wenn mir etwas peinlich war, war mir übrigens auch sehr peinlich. Mittlerweile lernte ich mit ihm zu leben, aber manchmal stört er mich immer noch.

Als ich mich mit dem Hip Hop anfreundete (und Buch so beinahe in Vergessenheit gerieht), verpackte ich meine Liebe zum Schreiben in Reime. Dank besagter Lehrerin, mit dir ich schlussendlich zusammenarbeiten konnte, da der Rap schließlich nichts mit Deutschaufsätzen zu tun hat, machte ich als jüngste Teilnehmerin eines Literaturwettbewerbs den stolzen 4.Platz. Natürlich mit einem Rap, denn die Zeit der Aufsätze war längst vorbei. Das war einer meiner ersten Auftritte, von denen viele weitere folgen sollten. In der lokalen Rapszene stand ich immer wieder auf der Bühne. Obwohl ich diese liebte (und immer noch liebe), hatte ich jedes Mal, bevor ich sie betrat ungefähr solche Bauchschmerzen wie du, lieber Leser, bei deiner letzten Darmgrippe.Wenn ich wusste, ich müsste bald auf die Bühne, konnte ich in der Nacht davor nicht schlafen, auf der Bühne hatte ich Schwierigkeiten zu atmen (was bei Rap natürlich besonders unpraktisch ist) – also beschloss ich irgendwann, dass das wohl vielleicht doch nichts für mich wäre.

Buch stand im Schatten von Rap, mit treuem Hundeblick, doch ich ließ es einfach dort stehen. Ignorierte es. Kurze Zeit lang war ich mit einer Theatergruppe auf der Bühne gestanden – doch nachdem die Säle nach einiger Zeit eher leer als voll waren, verlor ich ein wenig an Motivation. So blieb nur noch der Tanz, den ich schon seit mehreren Jahren parallel zum Rap ausübte. Natürlich schrieb ich immer wieder – in mein Tagebuch, Blogs, Briefe an Freundinnen. Diese meinten immer wieder meine Briefe wären doch so toll, so lustig und kreativ. Das verstand ich nicht so recht, da es doch einfach meine Gedanken waren und überhaupt nichts besonderes. Da war das Tanzen doch viel spannender. Und genau aus diesem Grund kam ich dann Jahre später - nach oben genannter Tanzlehrerkarriere, während der ich in der versifften Garconniere wohnte – nach Paris.

Paris – die Stadt der Liebe, was mir eigentlich total egal war. Für mich war es die Stadt des Tanzes. Ich tanzte vor allem in dreckigen Einkaufszentren, holte mir, am Steinboden sitzend, Blasenentzündungen, versuchte mein Können bei verschiedenen "Battles" zu beweisen – was jedoch jedes Mal in die Hose ging. Ich war einfach zu nervös, kam aufgrund meiner Nervosität aus dem Takt und hatte es gleichzeitig satt mich ständig beweisen zu müssen. Ich wollte einfach tun und lassen was mir gefiel, ohne ständig versuchen zu müssen andere zu übertrumpfen. So tat ich immer mehr Schriftstellerei und ließ immer mehr den Tanz. In einer abgedrehten WG, in der Prügeleien und im Treppenhaus stürzende Alkoholiker Alltag waren, kam ich auf Blassrosa. Meinen Debütroman, der innerhalb einiger Jahre von einer wagen Idee zu einem fertigen Skript wurde. Und Blassrosa verwandelte Kathi in Tharina. Was mir zuerst einfiel und wie ich das alles anging, kann ich heute nicht mehr sagen. Ich weiß nur, dass mir nach einiger Zeit der Beginn nicht mehr gefiel und ich ihn ersetzte. Und, dass irgendwann plötzlich Buch zurück in mein Leben getreten war. Voll und ganz, im Rampenlicht. Ich hatte die WG satt – wir hatten sie satt - denn aus dem "ich" war ein "wir" geworden (damit will ich nicht sagen, dass ich mich vermehrt, sondern, dass ich mich verliebt habe). Da verstand ich dann auch das mit "Stadt" und "Liebe" – wobei wir die Stadt Paris mit ihren gestressten Geschäftsleuten schon ganz bald gar nicht mehr liebten, sondern einfach nur noch stressig und stinkend fanden. So kam es zu dem Umzug in den Süden.

Von Paris in ein winziges Dorf zwischen Weinfeldern und Weinfeldern zu ziehen war dann doch ein ziemlicher Kulturschock. Ich fand diese, uns umgebende Ruhe beängstigend, brauchte so einige Eingewöhnungszeit. Währenddessen suchte ich zwischen Hoffnung und Verzweiflung nach einem passenden Verlag für das blassrosa Haus. Natürlich kannte ich mich im Verlagswesen überhaupt nicht aus und kontaktierte so einfach die erstbesten Verlage, die ich in den Weiten des internen Netzes fand. Das führte mich zu Höhen, die sich so gleich in Tiefen verwandelten. Ich bekam seitenweise Antworten von Zuschusskostenverlagen – möge man sie mögen oder nicht, ich konnte es mir schlicht und einfach nicht leisten sie zu mögen. Besagte Verlage lobten mein Werk über mehrere Seiten lang, um dann in etwa der Mitte des Papierhaufens eine fünfstellige Summe zu nennen, die ich doch einmal so nebenbei vorstrecken sollte. Was soll ich dazu sagen? Auf meinem Bankkonto gibt es bis heute keine fünfstellige Summe. Das bringt dich, lieber Leser, heute vielleicht zum Lachen – damals, in dieser plötzlichen Einöde, der mich umgebenden Stille, brachten mich diese Antwortbriefe allerdings mehrere Male zum Weinen.

Doch dann stieß ich auf den Verlag 3.0, mit der Webseite in meiner Lieblingsfarbe. Das musste ein Zeichen sein. Fast fertiges Buch und ich waren überglücklich und gerieten in einen regen Mailaustausch mit den überaus sympathischen Verlagsmenschen. Bald war mein Ticket gebucht und der Verlagswein kalt gestellt, die Verhandlungen konnten beginnen. (Stellt euch Verhandlungen in diesem Fall eher als einen stundenlangen, freundschaftlichen Kaffeeklatsch vor – der noch dazu höchstproduktiv war) Eine Lektorin hatten sie bald parat, einen Grafiker auch. Und da war es dann, Buch. Der Debütroman.

https://buch-ist-mehr.de/PWA/buecher/blassrosa-oder-die-geheime-taktik-des-monsieur-f/

Buch gibt es seit dem 27. Mai 2015. Es gab mir die Möglichkeit endlich wieder auf der Bühne zu stehen – noch besser, ein ganz eigenes Event zu gestalten. Auch an diesem Abend hatte ich Schmetterlinge im Bauch – Doch der Atem blieb mir nicht weg, ich kam auch nicht aus dem Leserhythmus – sondern der Abend wurde einfach nur wunderbar. Falls ich mich richtig erinnerte wurde der Kopf beim Vorlesen auch kein einziges Mal rot.

https://buch-ist-mehr.de/PWA/blogs/die-blassrosa-premiere-teil-1/

Heute ist Buch mein ganzer Stolz – so, dass ich den oder die eine/n oder andere/n vielleicht sogar manchmal damit nerve, aber ich freu mich halt so damit. So sehr, dass Blassrosa bald ein Geschwisterchen bekommt – ein genauso sarkastisches, ich hoffe genauso lustig (wobei Humor natürlich Geschmackssache ist) und mit Sicherheit mindestens genauso abgedreht. Jetzt fehlt nur noch ein schickes Cover und das (meiner Meinung nach etwas langwierige – aber Genauigkeit ist eben nicht so mein Ding) Lektorat.

Buch war immer da, auch wenn ich es manchmal ignorierte wie ein blindes Huhn – und Buch kann nur Gutes bedeuten, sonst hätten wir schließlich nicht solchen Spaß daran. In diesem Sinne wünsche ich dir, lieber Leser (und natürlich Leserin, was ich nicht immer dazusage) noch weiterhin viel Freude beim Lesen!


Danke für deinen Besuch!
Blogeinträge
Search By Tags
Pas encore de mots-clés.
Follow Us
  • Facebook Classic
  • Twitter Classic
  • Google Classic
bottom of page